Haftungsfragen
Die Frage, wer wofür haftet, wenn etwas passiert, kann zum voraus nicht beantwortet werden: Viele Schadenereignisse lassen sich so, wie sie ablaufen, nicht voraussehen. Wenn etwas passiert, wird von den zuständigen Instanzen der konkrete Ablauf rekonstruiert und festgestellt, ob und wenn ja, wer dafür die Verantwortung trägt.
Die nachfolgenden Ausführen können somit im Sinne eines generellen Überblicks bloss Hinweise enthalten.
Rechtsdienst DEK oder allfällige Haftpflichtversicherung
Grundsätzliches zur Haftungssituation in Schadenfällen
Jede Person trägt ihr Risiko primär selber. Nicht immer, wenn etwas passiert, gibt es einen Haftpflichtigen. Dafür können Versicherungen, die das Eigenrisiko abdecken, abgeschlossen werden (z.B. Unfallversicherung für Schüler und Lehrpersonen). Eine Haftpflicht setzt im Allgemeinen voraus, dass jemand vorsätzlich oder fahrlässig eine ihm obliegende Pflicht oder gar eine geschriebene oder ungeschriebene Rechtsnorm verletzt hat (Verschuldenshaftung). In besonderen Fällen löst bereits die Tatsache, dass widerrechtlich (d.h. durch Verletzung der Rechte des Geschädigten) ein Schaden entstanden ist, eine Haftung aus (Kausalhaftung).
Es muss ein direkter Zusammenhang zwischen den entstandenen Schaden und einem bestimmten Ereignis bzw. einem bestimmten Verhalten bestehen. Andere Schadenursachen (z.B. grobes Selbstverschulden oder Fremdeinwirkung) müssen ausgeschlossen werden können.
Haftungsregelung für Schulgemeinden
Die Schulgemeinden unterstehen dem kantonalen Verantwortlichkeitsgesetz. Ist ein Schaden auf ein Verhalten einer Lehrperson oder einer anderen Person, die Aufgaben für die Schulgemeinde wahrnimmt, zurückzuführen, haftet grundsätzlich die Schulgemeinde. Es spielt keine Rolle, ob die betreffende Person in einem formellen Anstellungsverhältnis steht, ob sie vollamtlich oder nebenamtlich tätig ist. Massgebend ist einzig, dass sie eine Aufgabe wahrnimmt, die die Schule nach Gesetz zu erfüllen hat (Unterricht, Exkursionen im Rahmen des Schulunterrichts, Klassenlager etc.).
Die Haftung der Schulgemeinde kann auch gegeben sein, wenn der Lehrperson kein Verschulden (z.B. Fahrlässigkeit) vorzuwerfen ist.
Wenn eine Lehrperson oder eine andere Person im Dienste einer Schulgemeinde stehende Person bei der Ausübung ihres Auftrags einen Schaden verursacht, kann die geschädigte Person keine Schadenersatzforderung gegen die Lehrperson oder eine andere beauftragte Person erheben. Die Schadenersatzforderung ist gegenüber der Schulgemeinde (bzw. ihrer Haftpflichtversicherung) geltend zu machen. Es ist ihre Aufgabe, allenfalls ungerechtfertigte Schadenersatzansprüche abzuwehren. Das kann auch bedeuten, dass sie einer Lehrperson, die zu Unrecht für den Schaden verantwortlich gemacht wird, Rechtsbeistand gewährt.
Hinweise zum Ausmass der Verantwortung bzw. der Sorgfaltspflichten von Lehrpersonen
Alles menschliche Handeln ist mit Risiken verbunden. Mithin kann mit noch so ausge-klügelten Vorsichtsmassnahmen nicht jedes Risiko ausgeschaltet werden. Vorsicht ist gut, absolute Risikoscheu aber schlecht. Die Schülerinnen und Schüler können wertvolle Erfahrungen oder Lernschritte nicht machen, wenn in der Schule sämtliche Tätigkeiten, die nur schon im entferntesten nach Risiko aussehen, vermieden werden. Es gehört aber zu den Aufgaben der Lehrperson, das Gefahrenpotential sorgfältig abzuschätzen, zu bewerten und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Sie hat alles Zumutbare (aber nur das Zumutbare; Unmögliches wird nicht verlangt) vorzukehren, um sie vor Gefährdungen zu schützen.
Besondere Veranstaltungen (Schulreisen, Lager, Sporttage, Velotouren, Fahrten mit dem Fahrrad zum Schwimmbad etc.) und besondere Fächer (Turnen, Schwimmen, Werken) bergen ein erhöhtes Gefahrenpotential, das eine erhöhte Aufmerksamkeit er-fordert. Verschiedene Aspekte können dabei von Bedeutung sein: Art der Unterneh-mung, Alter, Fähigkeiten und Einsicht der Schüler und Schülerinnen, deren Konstitution, Sicherheitsvorgaben im Fachlehrmittel, Fähigkeiten der Lehrperson, rechtzeitige Information der Eltern, genügend Begleitpersonen etc. Eine sorgfältige Gefahrenanalyse ist auch bei neueren, offenen Unterrichtsformen (Projektunterricht) nötig. Es ist wichtig, alters- und entwicklungsgemässe Anweisungen zu erteilen. Ausserschulische Lernorte müssen der Lehrperson bekannt sein.
Persönliche Verantwortlichkeit
Die persönliche Verantwortlichkeit (Verschulden) der Lehrperson spielt bei der haft-pflichtrechtlichen Abwicklung eines Schadenfalles keine Rolle. Wegen der Kausalhaf-tung der Schulgemeinde muss das Verschulden in der Regel gar nicht abgeklärt wer-den.
Ist ein Schaden aufgrund eines vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verhaltens einer Lehrperson entstanden, kann die Schulgemeinde (bzw. die Versicherung, die den Schaden zu bezahlen hatte), Rückgriff auf diese nehmen. Sie muss sich zwar nicht mit dem Geschädigten auseinandersetzen, aber unter Umständen mit der Haftpflichtversicherung der Schulgemeinde. Bei leichter Fahrlässigkeit hat die Lehrperson haftungsmässig nichts zu befürchten.
Vorsätzlich begeht eine Tat derjenige, der weiss was er tut, und dies auch tun will. Eine vorsätzliche Schädigung eines Schülers oder einer Schülerin ist nicht entschuldbar. Bei Verletzung elementarer Sorgfaltspflichten liegt Grobfahrlässigkeit vor. Grob fahrlässig handelt, wer einen Fehler begeht, der nicht vorkommen darf. Einfache Fahrlässigkeit liegt bei Fehlern vor, die jedermann passieren können, z.B. dass jemand im entscheidenden Augenblick nicht so gehandelt hat, wie er hätte handeln sollen. Bei den weitaus meisten Schadenfällen im Schulbereich liegt, wenn überhaupt, leichte Fahrlässigkeit vor.
Haftung bei Benützung eines Autos oder anderen Fahrzeugs bei Fahrten im Auftrag der Schule (bzw. „für die Schule“)
Aus rechtlicher Sicht müssen sich die Schulverantwortlichen, die Dritte mit dem Trans-port von Schülern und Schülerinnen beauftragen, nicht darum kümmern, ob deren Fahrzeug vorschriftsgemäss ausgerüstet ist. Dies ist Sache des Fahrzeughalters. Sie sind jedoch gut beraten, nur Personen oder Firmen mit solchen Transporten zu beauf-tragen, die über vorschriftsgemäss ausgerüstete Fahrzeuge verfügen. Tun sie dies nicht, dürfte dies kaum unmittelbare rechtliche Konsequenzen haben; insbesondere wird die Schulgemeinde deswegen kaum haftpflichtig, da für Fehler des Fahrzeughal-ters dessen Haftpflichtversicherung aufzukommen hat. Die Schulbehörde muss sich gegebenenfalls aber doch unbequeme Fragen seitens Betroffener gefallen lassen, wenn ihr bekannt wird, dass das Fahrzeug, mit dem Transporte im Auftrag der Schule durchgeführt werden, nicht vorschriftsgemäss ausgerüstet ist.
Für die Einhaltung der Vorschriften des Strassenverkehrsgesetzes und dessen Verordnungen sind der Halter eines Fahrzeugs und der Fahrzeuglenker verantwortlich. Auf die Versicherungsdeckung gegenüber möglichen Geschädigten (z.B. gegenüber transportierten Schülern) hat dies jedoch keinen Einfluss. Die obligatorische Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs hat Schäden, die auf ein fehlerhaftes Verhalten des Fahrzeuglenkers zurückzuführen sind, grundsätzlich zu übernehmen. Wenn beispielsweise Lehrpersonen oder Eltern Kinder im Auftrag der Schule im Privatauto mitführen, besteht somit kein Bedarf nach einer zusätzlichen Versicherung zur Deckung der Schäden der mitgeführten Kinder. Auch bei einem Selbstunfall, bei dem die Insassen zu Schaden kommen, hat die Autohaftpflichtversicherung zu zahlen (Ausnahme: Eigenschaden des Halters oder Fahrzeuglenkers und Sachschäden von nahen Angehörigen). Die Schadener-satzpflicht der Autohaftpflichtversicherung besteht unabhängig davon, ob es sich um eine private Fahrt oder eine Fahrt im Auftrag der Schule handelt.
Keine Frage der Haftpflichtregelegung ist die Frage, ob eine Schulgemeinde allenfalls für den Eigenschaden des Halters aufkommen soll, wenn dieser bei einer Fahrt im Auftrag der Schule einen Schaden erleidet. Eine solche Schadenübernahme müsste vereinbart werden.
Vgl. auch die Ausführungen zu Schülertransporten.
Versicherungsfragen
Versicherungsvorsorge der Schulgemeinden
Den Schulgemeinden wird dringend empfohlen, eine umfassende Betriebshaftpflicht-versicherung, die ihre aus dem Verantwortlichkeitsgesetz entstehende Haftpflicht deckt, abzuschliessen. Im Deckungsumfang mitenthalten sein sollte auch die Haftpflicht für ausserschulische Veranstaltungen, wie Ferienkolonien und -wanderungen, nicht obligatorische Sportanlässe (Schlittel- und Eislaufnachmittage, Orientierungsläufe, Schülerfussballturniere usw.) , Mitwirkung an Festlichkeiten, wie Umzüge, Aufführungen, Bundesfeiern, Jubiläen usw., und die die Haftpflicht aus der Verwendung von Fahrrädern, soweit es sich um Fahrten im Rahmen des Schulbetriebes (z. B. Verkehrsunterricht). Damit können schwierige Abgrenzungsfragen, ob ein konkreter Schadenfall im Rahmen des gesetzlichen Auftrags der Schule oder ausserhalb dieses Auftrags entstanden ist, vermieden werden. Es ist darauf zu achten, dass die Versicherung auch andere Risiken der Schulgemeinde (z.B. als Eigentümerin der Schulanlagen, abdeckt.
Versicherungsvorsorge von Lehrpersonen und weiterer im Dienste einer Schulgemeinde tätige Personen
Der Abschluss einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung ist für Lehrpersonen kaum sinnvoll. In den meisten Fällen dürfte sie nutzlos sein, es sei denn, diese decke das Regressrisiko (Risiko, dass die haftpflichtige Schulgemeinde bzw. ihre Versicherung von der Lehrperson den Ersatz des Schadens verlangt). Zusätzliche Sicherheit kann eine Berufshaftpflichtversicherung allenfalls in Grenzfällen geben, wo unklar ist, ob die Lehrperson noch im Auftrage der Schule gehandelt hat oder nicht. Da immer das Risiko besteht, dass eine Lehrperson in einem Schadenfall in ein Strafverfahren verwickelt wird oder dass sie sich gegen Regressansprüche zur Wehr setzen muss, kann der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung sinnvoll sein.
Radsportliche Veranstaltungen – Bewilligung/Deckung der Haftpflicht
Radsportveranstaltungen auf öffentlichen Strassen – beispielweise bei einem Triathlon - sind bewilligungspflichtig. Die Sicherheit sowie die Versicherung zur Deckung der Haftpflicht gegenüber Dritten sind zu beachten.
Wenn Schulen zum Beispiel im Rahmen eines Triathlons, Duathlons oder von Bike-Orientierungsfahrten ein Radrennen auf öffentlichen Strassen durchführen, unterliegt dies den Bestimmungen des Strassenverkehrsgesetztes (SVG, Art. 52). Rad- und mo-torsportliche Veranstaltungen sind gemäss SVG, Art. 72 dann kantonal zu bewilligen wenn eine Bewertung hauptsächlich nach der erzielten Geschwindigkeit (Zeitrangie-rung) erfolgt oder eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 50 km/Std. verlangt wird. Für die Verantwortlichen ist es wichtig zu wissen, dass insbesondere die Haft-pflichtfrage im Versicherungsfalle geklärt sein muss. Der Versicherungsnachweis zur Deckung der Haftpflicht gegenüber Dritten, wie Zuschauern, andern Strassenbenützern und Anwohnern, ist unter anderem Bestandteil der Bewilligung.